Saturday, July 4, 2009

Glass Candy / The Chromatics


Italo-Disco ist spätestens seit dem letzten Sommer wieder in aller Munde und erlebt seit einigen Monaten mit entsprechenden Tribute-Abenden und Artikeln ein Revival. Glass Candy aus Portland, Oregon, das sich in den letzten Jahren zur (nicht mehr ganz) heimlichen Musik-Metropole der Vereinigten Staaten aufgeschwungen hat, bewegen sich mit ihren letzten beiden Alben „B/E/A/T/B/O/X“ und "Deep Gems" auf ähnlichen Pfaden, greifen darüber hinaus aber auf verschiedenste Einflüsse afroamerikanischer elektronischer Tanzmusik zurück und lassen sich auch von Exzentrikern wie den italienischen Goblin (u.a. verantwortlich für den Soundtrack zu Dario Argentos Horror-Klassikern Profondo Rosso und Suspiria) inspirieren. In einem Interview für SignOnSanDiego verorteten die nach diversen musikalischen Veränderungen mittlerweile auf das Duo Ido No / Johnny Jewel geschrumpfte Band diesen Eklektizismus entsprechenderweise "between Olivia Newton-John, Suicide and Schooly D".

Erinnerten frühere Songs wie "Candy Castle" noch eher an eigensinnige Nachzügler der New Yorker Electroclash-Szene wie Swiss Dot oder The Somnambulants, gehen Glass Candy nun voll in jener urbanen Melancholie auf, die auch Disco, Electro, Chicago House und frühen Detroit Techno kennzeichnete. Man fühlt sich in das ultrahedonistische Flair von New Yorker Disco-Tempeln wie der Paradise Garage oder The Loft zurückversetzt. Stücke wie „Miss Broadway“ und „Beatific“ hätten zweifellos wunderbar in ein DJ-Set von Larry Levan oder David Mancuso hineingepasst. Darüber hinaus klingen auch Electro-Pioniere wie Planet Patrol, Model 500 oder Newcleus („Etheric Device“) mit, während „Animal Imagination“ astreine Chicago House-Pianos bietet und man mit einer Ambient-Electro-Version von „Computer Love“ den futuristischen Kummer beschwört, den Kraftwerk wohl damals vor Augen hatten.



Ebenfalls aus Portland und sowohl musikalisch wie personell eng mit Glass Candy verbunden (Johnny Jewel ist für die Produktion zuständig und ihr letztes Album erschien auf dessen Label Italians Do It Better) sind The Chromatics. “Nightdrive” bietet eine ähnliche Kombination aus Electro-Basslinien, House-Pianos, reduzierten Rhythmusgitarren und dem betörenden Gesang von Rachel Radelet, jedoch mit leicht größerem Pop-Appeal. The Chromatics haben ihre Wurzeln, noch gut hörbar auf Titeln wie „Healer“, im elektronisch angereicherten Indiepop und machen nun unter anderem aus Songs von Kate Bush (“Running Up that Hill”) und Bruce Springsteen (“I'm on Fire”) feinste Electropop-Perlen. Höhepunkte ihrer eigenen Kompositionen sind besonders “I Want Your Love” und das grandios hypnotische “In the City”, das mit seiner mondänen Eleganz aus Filmen wie Union City oder Times Square entsprungen sein könnte. Auch wenn dieser Rückgriff auf (Mutant) Disco, No Wave und Electro nicht sonderlich neu ist - so unterschiedliche Bands wie The Rapture, Hercules & Love Affair oder W.I.T. schöpften im ablaufenden Jahrzehnt aus ähnlichen Quellen -, erschaffen The Chromatics damit einen ganz eigenen Charme, der sich deutlich von zeitgenössischen Indie-Bands unterscheidet und auch das Italo-Disco-Revival überdauern wird.

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